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„Gift für die Volkswirtschaft“: Klartext beim Family Business Day

  • 04.12.2024
  • Eventrückblick
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© FH Kufstein Tirol

Diskussion auf hohem Niveau: Das vollbesetzte Podium beim Family Business Day an der FH Kufstein Tirol.

Wie können Familienunternehmen in turbulenten Zeiten bestehen? Teil 2 der Artikel-Serie zum Family Business Day an der FH Kufstein Tirol zeigt, wie Nachhaltigkeit, Innovation und der Mittelstand im Fokus standen.

Nach den Erkenntnissen zu den Herausforderungen von Familienunternehmen im ersten Teil der Artikel-Serie zum 8. Family Business Day, stehen nun konkrete Praxisbeispiele und ein Klartextvortrag über den Mittelstand im Fokus.

Der Wert von Wertschöpfungsketten

Barbara Siebenförcher, Geschäftsführerin der Südtiroler Familienmetzgerei Siebenförcher, erläuterte in ihrem Vortrag die Entwicklung ihres Unternehmens, das sich von einer traditionellen Metzgerei zu einem Feinkostspezialisten gewandelt hat. Die Produktionskapazitäten wurden enorm gesteigert, die Menge an verkauften Produkten stieg von 350.000 Kilogramm auf fast 5,5 Millionen. Siebenförcher betonte die Bedeutung von Innovation, wobei eine Erfolgsquote von fast 87 Prozent bei neuen Produkten im Jahr 2023 ein herausragendes Beispiel darstellt. Besonders hervorzuheben war die Strategie, viele der Produkte selbst zu produzieren, was zu einer größeren Kontrolle über die Wertschöpfungskette führte.

Nachhaltig mit Beton – ist das möglich?

Ein weiteres Beispiel für erfolgreiche Anpassung an den Markt lieferte Werner Kusstatscher, Geschäftsführer von Beton Eisack. Als einziges Unternehmen in Italien produziert Beton Eisack Dämmbeton mit Glasschaumschotter. Kusstatscher stellte dar, wie sein Unternehmen in der Region und darüber hinaus eine Vorreiterrolle einnehme. Er führte aus, dass 95 Prozent des Waschwassers wiederverwendet würden. Überdies würden 85 Prozent der Materialien zur Produktherstellung lokal bezogen. Der Umstieg auf strombasierte Heizanlagen, der fossile Energiequellen ersetzt, war ein weiterer Schritt in Richtung Nachhaltigkeit. „Nachhaltig bauen mit Beton – ist das möglich?“ lautete die Frage, die Kusstatscher in seinem Vortrag aufwarf und mit konkreten Zahlen und Beispielen beantwortete.

„Gift für die Volkswirtschaft“

Im Abschlussvortrag widmete sich der Entrepreneur, Advisor und Dozent Reinhold M. Karner der Frage, ob der Mittelstand in Europa langfristig bestehen kann. Karner stellte fest, dass sich die Bedingungen für den Mittelstand in den letzten Jahrzehnten zunehmend verschlechtert hätten. „Der Mittelstand ist das robuste Rückgrat der Wirtschaft“, betonte Karner. Er kritisierte insbesondere die aktuelle Startup-Kultur und stellte fest, dass die Mehrheit dieser Unternehmen nach kurzer Zeit scheitert. „Startups sind aus meiner Sicht Gift für die Volkswirtschaft“, so Karner.

Damit meinte er nicht die Idee des Unternehmertums an sich, sondern die Art und Weise, wie viele Startups heutzutage gegründet werden. Karner bemängelte, dass viele Gründer vor allem mit dem Ziel an den Markt gehen, „schnell reich und berühmt zu werden“, ohne sich ausreichend mit den langfristigen Herausforderungen der Unternehmensführung auseinanderzusetzen. Dennoch betonte Karner, dass es sich keineswegs um ein grundsätzliches Plädoyer gegen Startups handelt. Vielmehr kritisierte er die Vorgehensweise und fehlende Praxisorientierung in der Gründerausbildung.

Karner forderte eine praxisorientierte Ausbildung für Unternehmer, die sich auf die Realitäten des Marktes fokussiere. Dabei sah er die Notwendigkeit, die Bürokratie abzubauen, da diese die Produktivität hemme. Karner plädierte für eine stärkere Unterstützung des Mittelstands durch gezielte Maßnahmen, die diesen nicht behindern, sondern fördern würden. Der „goldene Mittelstand“, so Karner, sei der Schlüssel zu einer stabileren und nachhaltigeren Wirtschaft.

Abschließende Podiumsdiskussion 

Abgerundet wurde die Veranstaltung durch eine Podiumsdiskussion, in der Mag. Daniela Kapelari-Langebner, Barbara Siebenförcher, Werner Kusstatscher sowie Reinhold Karner zentrale Thesen ihrer Vorträge aufgriffen. Unter der Moderation von Prof. (FH) Mag. Markus Weishaupt wurde über Erfolgsfaktoren, Herausforderungen und die Bedeutung von Nachhaltigkeit für Familienunternehmen diskutiert.

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